Die ganze Welt, so auch die EU, muss ihre CO2-Emissionen reduzieren und klimapolitisch zulegen. Diese Botschaft ist soweit klar und bereits ausreichend kommuniziert. Auch die Ziele sind definiert. In Europa lauten diese wie folgt: Bis 2030 sollen 55% CO2 vom Ausgangswert im Jahre 1990 reduziert werden, bis 2050 wollen wir in der EU klimaneutral sein. Österreich geht, nebenbei bemerkt, noch einen Schritt weiter und will bis 2040 schon klimaneutral sein. So steht es im Regierungsprogramm. Soweit so gut, das „was“ wäre geklärt und wurde ordnungsgemäß – unter anderem im EU-Parlament – beschlossen. Jetzt kommt der komplizierte Teil, das „wie“.

"Die Verhandlungen der kommenden Monate werden zeigen, ob wir Klimaschutz ernst nehmen oder einfach schöne Überschriten in die Paragraphen schreiben."

Dazu hat die Europäische Kommission kürzlich das „Fit for 55“ Paket vorgestellt. Das Gesetzespaket ist, ohne zu übertreiben, wirklich von unglaublicher Bedeutung und wird unser aller Leben beeinflussen. Es beinhaltet insgesamt zwölf Maßnahmen, davon acht Novellierungen und vier neue Gesetzesentwürfe, die den Weg zur Klimaneutralität fixieren werden. Hinter Abkürzungen wie ETS, CBAM, LULUCF, AFID oder REDIII – die zugegeben ein bisschen nach Beipackzettel klingen – verbergen sich richtungsweisende Entscheidungen zum Europäischen Emissionshandel, dem sogenannte CO2-Grenzausgleichsmechanismus oder die Frage wie man Klimaschutz und Landwirtschaft unter einen Hut bringt. Es geht aber auch darum wieviele Wasserstofftankstellen wo gebaut werden und schlicht und einfach um die Zukunft des Verbrennungsmotors. Diese Präsentation war freilich nur der Auftakt zu einem Werk, das sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch länger ziehen wird. Es folgt das normale Gesetzgebungsprozedere: Kommission, Rat und Parlament setzen sich an einen Tisch, manchmal viele Nächte lang, und verhandeln die verschiedenen Klimagesetz-Materien. Bei manchen gilt Einstimmigkeitsprinzip im Rat, bei anderen kommt es mehr auf den dazugehörigen delegierten Rechtsakt an.

Experten schätzen die Verhandlungen auf mindestens eineinhalb Jahre, andere sehen in dieser Periode gar keinen Abschluss. Die Krux dabei wird wie immer sein, dass diese Maßnahmen auch europäisch umgesetzt werden müssen. Das bedeutet es wird ein Tauziehen der Mitgliedsstaaten. Je höher das Bruttoinlandsprodukt ist, desto mehr Emissionen müssen pro Land eingespart werden. Diese neue Lastenteilung gilt neben der Fachmaterie als besondere Herausforderung. Auch die europäische Verkehrspolitik wird dieses Paket nachhaltig verändern. Meine Haltung dazu habe ich bereits mehrmals klar formuliert: Echte Nachhaltigkeit funktioniert nur im Zusammenspiel mit der Wettbewerbsfähigkeit Europas und sozialer Balance.

Wir stehen am Anfang einer Reise. Das Ziel ist bekannt, aber bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Die Verhandlungen der kommenden Monate werden zeigen, ob wir wirklich „Fit for 55“ sind. Und sie werden zeigen ob wir Klimaschutz ernst nehmen oder einfach schöne Überschriten in die Paragraphen schreiben.