Wenn ein Ausschuss im europäischen Parlament einen Bericht zu einem Thema erarbeitet, gibt es dazu sogenannte „Opinions“, also Stellungnahmen anderer Ausschüsse, die von dem Thema betroffen sind. Unlängst war ich für die Erstellung einer solchen Opinion im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zuständig. Diese Stellungnahme wurde für den Rechtsausschuss erstellt, der sich in seinem eigenen Bericht mit der Frage beschäftigt, wie gut oder schlecht die Themen Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in den Gesetzesvorschlägen der Europäischen Kommission in den Jahren von 2017-2019 berücksichtigt wurden.
"Ein unbürokratischer und starker Binnenmarkt braucht schlanke und klare Gesetzgebung"
Als Berichterstatterin dieser Opinion war ich dafür verantwortlich, einen ersten Vorschlag zu schreiben, zu dem es dann Änderungsanträge der anderen Fraktionen gibt. Daraus wird dann in Verhandlungen die „finale Opinion“. Aus dem demokratiepolitischen Blickwinkel ein wirklich schöner Prozess, der im Übrigen bei allen Gesetzgebungsverfahren, mit denen sich das EU-Parlament beschäftigt, zum Einsatz kommt. Der Nachteil: Man muss Kompromisse finden, immer und immer wieder. Denn schlussendlich muss die Opinion auch im Ausschuss abgestimmt werden. Aus diesem Grund war auch ich bemüht, viele Fraktionen ins Boot zu holen. Mein erster Vorschlag war erwartungsgemäß sehr wirtschaftsliberal und an dem Grundsatz orientiert, dass unsere KMUs ohne die vielen bürokratischen Hürden im internationalen Wettlauf schneller über die Ziellinie kommen. Eine meiner Grundaussagen fußte auf dem sogenannten „one in, one out“ Prinzip – also für jedes neue Gesetz, das Belastungen in einem Sektor schafft, muss ein altes Gesetz eliminiert werden. Das darf nicht wort-wörtlich verstanden werden, vielmehr geht es darum, dass „in Summe“ keine zusätzlichen Belastungen eingeführt werden. Die Stärkung dieses Prinzips fordert die WK seit Jahren und es gehört bereits zu den grundlegenden Arbeitsmethoden der Von Der Leyen-Kommission, die es auch selbst immer wieder erwähnt. Verantwortlich dafür ist der Vizepräsident für interinstitutionelle Beziehungen, Kommissar Maroš Šefčovič.
Problematisch für meine Opinion war nur, dass es unter den Fraktionen beinahe nicht möglich gewesen wäre, sich auf die Aufnahme dieses bereits beschlossenen Prinzips des „one in, one out“ zu einigen. Das beweist, dass nicht allen eine schlanke und klare Gesetzgebung für die Wirtschaft ein Anliegen ist. Für mich steht weiterhin fest, dass ein unbürokratischer und starker Binnenmarkt die Grundlage für Wachstum und Wohlstand ist, und ich werde auch weiterhin keine Verhandlungsrunde dazu scheuen – auch wenn es ein Bohren harter Bretter bedeutet, die man oftmals bereits festgenagelt glaubte.
Ein kleiner Erfolg zum Abschuss: Das Prinzip stand schlussendlich in der Opinion.